Der "Fonds zur Korruptionsbekämpfung" wendet sich an Schweizer Behörden
Der folgende Text wurde am 8. Dezember 2015 unter dem Titel "Die zweite Front: Wie wir der Familie Tschaika in der Schweiz nachstellen werden" auf navalny.com veröffentlicht.
Übersetzung: tamisdat.com, 9. Dezember 2015.
Heute vor einer Woche haben wir unsere „Tschaika“-Ermittlung veröffentlicht. Drei Millionen haben den Film gesehen. Die Geschichte hat sowohl die Anhänger des „Fonds zur Korruptionsbekämpfung“ [FBK] als auch jene, die uns nicht leiden können, beeindruckt und berührt. Die Verbindung zwischen Staatsanwälten und blutigen Mörderbanden schockiert einfach alle.
Nur den Kreml scheint sie noch nicht zu schockieren: Gestern hat der Schmiergeldnehmer [Dmitri] Peskow mitgeteilt, dass „die Ermittlung des FBK kein Interesse erweckt“. Wie treffend hat man sich doch auf Twitter darüber belustigt: „Der Beamte mit einer 40 Millionen teuren Uhr hat am Generalstaatsanwalt nichts zu beanstanden, der am Beamten mit einer 40 Millionen teuren Uhr nichts zu beanstanden hatte.“
Eine solche Reaktion zeigt wieder einmal die vollkommene Degeneration der öffentlichen Macht in Russland. Das Interesse des Kremls vermögen Bildchen an einem Zaun, abgebrochener Zahnschmelz von Bereitschaftspolizisten und Bibliotheken mit ukrainischer und türkischer Literatur zu wecken, nicht aber höhere Beamten der Staatsanwaltschaft, die mit Morden Geld verdienen, oder der Sohn des Generalstaatsanwalts, der mithilfe von Untergebenen seines Vaters Salzminen und Sandgruben in Besitz nimmt.
Nichtsdestotrotz werden wir uns um Recht und Gerechtigkeit bemühen. Wenn das in Russland problematisch ist, dann tun wir das nicht nur hier.
Welche Ironie liegt doch im Umstand, dass die Familie Tschaika (in der Person des älteren Sohnes Artjom) weder an die Perspektiven und die Zukunft Russlands noch an die Möglichkeit, sich in diesem Land um Gerechtigkeit zu bemühen (oh, darüber wissen sie viel!), glaubt und deswegen ihr schmutziges Geld in die Schweiz investiert.
Genau dank diesem Streben nach Europa, das im Immobilienerwerb und dem Erhalt einer Aufenthaltsgenehmigung offenbar wird, haben wir nun die Möglichkeit, in der Schweiz eine zweite Front des juristischen Kampfes gegen diese Verbrecher zu eröffnen.
Heute haben wir eine detaillierte Klage bei der Schweizer Bundesanwaltschaft und der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht [FINMA] eingereicht.
Beide Schweizer Behörden haben uns bereits den Erhalt der Klagen bestätigt.
In der Klage ist die Rede davon, dass auf Schweizer Staatsgebiet seit mindestens zehn Jahren eine kriminelle Gruppe tätig ist, deren Ziel die Wäsche verbrecherisch erworbener Gelder ist. Eine Gruppe örtlicher Juristen geht einer verbrecherischen Tätigkeit nach, die die Legalisierung von Geldern der Familie des Generalstaatsanwalts der Russischen Föderation, Juri Tschaika, miteinschliesst.
Schweizer Staatsbürger, die wir in unserer Klage erwähnen:
François T., Mitbegründer des Unternehmens „FT Conseils“ von Artjom Tschaika (ehemals Igor Tschaika).
René K., Mitbegründer und Direktor der Anwaltskanzlei „Juridical House“, unter deren Kunden sich Mitglieder der Familie Juri Tschaikas, des Generalstaatsanwalts der Russischen Föderation, befinden. Der Vorgänger des Direktors dieses Unternehmens war Murat Chapsirokow, Senator von Adygeja, Sohn des ehemaligen Geschäftsführers der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation und ein alter Bekannter von Artjom Tschaika.
Bogdan L./Familie L.. Diese Familie ukrainischer Herkunft stellt Artjom Tschaika eine fiktive Adresse in der Schweiz zur Verfügung und hilft dem Sohn des Generalstaatsanwalts beim Erwerb von Immobilien im Kanton Waadt.
Ausserdem weisen wir darauf hin, dass Artjom Tschaika in der Schweiz wohnhaft ist und geben die Nummer seiner Aufenthaltsgenehmigung an. Höchstwahrscheinlich ist Artjom Tschaika auf halbkriminellem Wege zu dieser Aufenthaltsgenehmigung gelangt.
Von Aufenthalt kann keine Rede sein, wenn Artjom in Moskau auf Motorrädern umherbraust und an der Business-School Skolkowo angestellt ist.
Der Erwerb des Hauses in Coppet VD stimmt uns zuversichtlich, dass die Schweizer Gerichtsbarkeit der Sache nachgehen wird.
Die schrecklichen Worte „proceeds of criminal activities“ [Einnahmen aus kriminellen Machenschaften, Zitat aus der Klage] besagen, dass es das Haus ist, wofür Artjom das Geld ausgegeben hat, das er unserer Meinung nach auf verbrecherischem Wege erworben hat.
Wir sind uns ganz sicher: das Letzte, was die Schweiz jetzt braucht, ist, dass sich der Sohn des russischen Generalstaatsanwalts auf ihren Almen einquartiert, eine Luxusimmobilie gekauft hat und unbehelligt an einen Schweizer Pass gekommen ist. Für die Schweiz sind solche Vorfälle eine Schande und ein Zeichen dafür, dass ihr Finanzsystem und ihrer Institute von ausländischen Gaunern manipuliert werden. Deshalb setzen wir unsere Hoffnungen in die dortigen Staatsanwälte, die ihren russischen Kollegen auf den Zahn fühlen müssen.
Viele werden sagen: „Schon hundert Mal wurde an ausländische Gerichte geschrieben und kein einziges Mal hat das etwas gebracht. Die Ausländer haben nichts gegen schmutziges Geld aus Russland.“
Ich werde folgendermassen antworten: „Ja, das hat zumeist nichts gebracht. Nur gab es früher keine direkte Verbindung zu Morden und keine Geschichte über ein Massaker mit lebendig verbrannten Kleinkindern.“
Sowohl die Schweizer Bundesanwaltschaft als auch die öffentliche Meinung können unterscheiden zwischen „Schreibtischtätern“ und dem, was in Irkutsk und der Kuschtschowskaja passiert ist.
Es ist weiter nicht schlimm: Auf den englischen Journalisten [Andrew] Jennings, der gegen die FIFA wegen Korruption ermittelt und Blatter schon die ganze Zeit einen Schmiergeldnehmer genannt hat, hat man auch lange herablassend geblickt. Wie steht es um Blatter jetzt?
Auch so werden wir uns akkurat und keine Mühen schonend um die Verfolgung der Verbrechen der Familie des Generalstaatsanwalts Tschaika bemühen – in Russland, der Schweiz, Griechenland, auf europäischer Ebene – wo es not tut.
Unsere Sache ist rechtens. „Zapoks“ [nimmt Bezug auf S. Zapok, Schwerverbrecher, Anführer der Bande, die u.a. verantwortlich für den Massenmord in der Kuschtschowskaja ist] braucht keiner an der Spitze der Generalstaatsanwaltschaft.